28. August 2009, Neue Zürcher Zeitung
Heutige Gesetze anwenden
Argumente gegen die Datenbank Gamma
mbm. Auf den Tag genau einen Monat vor der Stadtzürcher Abstimmung über die Verordnung zur Schaffung der polizeilichen Datenbank Gamma zu Sportveranstaltungen haben die Gegner an einer Pressekonferenz ihre Argumente dargelegt. Das überparteiliche Komitee «Gamma Nein», dem Vertreter von SP, SVP, GP, AL und GLP angehören, bezeichnete am Donnerstag die geplante Datenbank als unnötig und untauglich. Laut Samuel Dubno (glp.) würden in Gamma, die präventiv wirken soll, unschuldige Personen fichiert. Auch die präventive Wirkung sei in Frage zu stellen, habe doch die Polizei schon bisher ohne rechtliche Grundlage eine Datenbank mit potenziellen Gewalttätern geführt – ohne Erfolg, wie sich deutlich gezeigt habe. Selbst die Befürworter gäben zu, dass die präventive Wirkung nicht nachzuweisen sei. Für Dubno geht es nicht an, eine illegale Datensammlung nachträglich zu legalisieren. Bei der Verordnung handle es sich um ein Flickwerk. Gamma wäre ein erster Schritt vom freiheitlichen Rechts- zum Überwachungsstaat. Sicherheit sei nicht durch Einschränkung der Freiheit zu erreichen. Und Prävention dürfe sich nie an Personen richten, die noch keine Tat begangen haben. Dubno kann sich dafür vorstellen, gegen Gewalttäter härter durchzugreifen und den Internetpranger einzuführen.
Gemeinderätin Rebekka Wyler (sp.) stellte klar, dass nicht behauptet werden soll, es gebe kein Gewaltproblem. Die Gamma-Vorlage sei aber der falsche Ansatz, um Gewalt zu verhindern. In der Datenbank sollen Gewalt suchende Personen registriert und durch Kontaktaufnahme von Gewaltausbrüchen abgehalten werden. Die Bezeichnung «Gewalt suchend» ist laut Wyler derart schwammig, dass theoretisch alle erfasst werden könnten, die sich zur falschen Zeit am falschen Ort aufhalten. So werde die Unschuldsvermutung ad absurdum geführt. Personen, die sich nicht strafbar gemacht hätten, in einer staatlichen Datei zu erfassen, sei unzulässig. Da würde auch der Grundsatz der Verhältnismässigkeit verletzt. Das geltende Recht reiche aus, um gegen Gewalttäter vorzugehen. Aus Fan-Sicht argumentierte Silvan Keller von der IG GC Züri gegen die Vorlage. Die Polizei habe schon die Anordnung von Rayonverboten nicht im Griff, was von Manuela Schiller (al.) bestätigt wurde. Die Rechtsanwältin wünschte sich, dass bei der Polizei der Rechtsdienst ausgebaut und dass einzelne Verfahren schneller behandelt und abgeschlossen würden.
Gemäss den Ausführungen von Gemeinderat Balthasar Glättli (gp.) muss man fast das Gefühl haben, dass die Polizei mit der Datenbank davon ablenken wolle, dass sie rund um Sportveranstaltungen die Gesetze nicht voll ausschöpfe. Der Staat könne ohnehin nicht alle Probleme lösen, schon gar nicht gesellschaftliche, um die es hier gehe. Man könne in unserer Gesellschaft Fehler begehen und werde je nach Schwere dafür bestraft. Die dafür nötige Handhabe gebe es schon.
http://www.nzz.ch/nachrichten/zuerich/h ... 32963.html