Steilste Fankurve: Geplante Arena in Zürich setzt neue Massstäbe
Eine Tribüne wie eine Skisprung-Schanze: Sehen Sie hier den Vergleich mit den anderen Schweizer Stadien.
Weit gereiste Fussballfans und Sportjournalisten schwärmen immer wieder von steilen Rängen in ausländischen Stadien. Fürs Publikum sind sie spektakulär, gute Sicht und Stimmung ist garantiert. So erreicht zum Beispiel das neue Nationalstadion in Brasilia im oberen Rang eine Neigung von fast 37 Grad. «Das Hochsteigen ähnelte einer Bergtour», sagt ein Fussballreporter, der an der WM 2014 war. Im Giuseppe-Meazza-Stadion in Mailand gibt es sogar einen Rang im 40-Grad-Winkel. Ähnliche Werte erreichen Teile des Camp Nou in Barcelona, das neue Allianz Stadium in Turin oder das Estadio Mestalla in Valencia, in dem kürzlich die Young Boys gespielt haben. Im Dortmunder Signal-Iduna-Park gibt es einen Oberrang mit ebenfalls schwindelerregenden 37 Grad.
Widerhall der Fangesänge
Noch eindrücklicher sind aber steile Tribünen direkt am Spielfeldrand. Und hier spielt das geplante Fussballstadion auf dem Hardturmareal in der obersten Liga mit. Der Winkel der Zuschauerrampe beträgt 35 Grad. Damit ist sie gleich steil wie die neue Skisprungschanze in Garmisch-Partenkirchen. «Steiler ist baurechtlich in der Schweiz gar nicht erlaubt», heisst es bei der Medienstelle des Projekts Ensemble. Um eine laute Fussball-Atmosphäre zu erreichen, wurde eine geschlossene Bauart gewählt und die Dächer über den Tribünenrand bis zum Spielfeld verlängert. Das ermöglicht einen optimalen Widerhall der Fangesänge. Ein gutes Beispiel dafür findet sich in Lyon, wo die Architekten des neuen Stadions ein spezielles Augenmerk auf diesen Effekt gerichtet haben. Er wirkt wie ein Verstärker.
Das Gras riechen
Dazu kommt, dass im neuen Hardturm die ersten Zuschauerinnen und Zuschauer nur 7,4 Meter hinter der Torlinie stehen. Das Gras des Spielfelds ist damit viel näher an den Rängen, man kann es sogar riechen. FCZ-Fans konnten sich in der Abstiegssaison 2016/17 in den Stadiönli der Challenge-League-Clubs oder beim jüngsten Cupmatch auf der Zürcher Allmend gegen den FC Red Star von diesem Phänomen überzeugen. Unmittelbar ist das Fussballerlebnis auch, weil man in lauen Spielphasen ohne Fangesänge die Zurufe der Spieler oder Trainer hört. In Liverpool kommunizierte in den 80er-Jahren Goalie Bruce Grobbelaar mit den Fans hinter ihm, indem er – ähnlich wie Volleyballspieler – die Arme hinter seinem Rücken verschränkte und Handzeichen gab. Das ist nur möglich, wenn die Fans nahe dran sind. Viel näher als im geplanten Zürcher Stadion geht fast nicht. Ein Vergleich mit neueren Stadien in der Deutschschweiz zeigt, dass der Abstand von 7,4 Metern nur von einer Arena unterboten wird: Im Kybunpark, der Heimstätte des FC St. Gallen, stehen die Fans nur 6,5 Meter hinter dem Tor. Dafür ist die Tribüne mit 32 Grad etwas weniger steil. Ähnlich zuschauerfreundlich sind die Verhältnisse in Luzern. Die Tribüne der Swisspor-Arena erhebt sich 7,5 Meter hinter dem Tor, die Neigung beträgt 30 Grad.
Maximal 26 Meter entfernt
Weniger steil sind die ersten Ränge in Bern und Basel, wo es noch zweite, steilere Ränge gibt. In Bern beträgt die Distanz zum Tor 9,8 Meter und die Neigung 19 Grad. Der zweite Rang ist mit 33 Grad wesentlich steiler. In Basel bejubelt die Muttenzerkurve die FCB-Tore aus 13 Metern bei einem Winkel von 24 Grad. Im zweiten Stock gehts schon alpiner zu und her: Dort beträgt die Neigung 35 Grad. Nicht mithalten kann das Zürcher Letzigrundstadion, in dem der FC Zürich und die Grasshoppers seit 2007 ihre Heimspiele austragen. Die Tribünen der Leichtathletikarena sind aufgrund der Tartanbahn 39 Meter vom Torkasten entfernt. Die Neigung beträgt 26 Grad, womit die Distanz vom hintersten Zuschauer bis zum nächsten Tor 61 Meter beträgt. Damit ist es ungleich schwerer, Hexenkessel-Stimmung aufkommen zu lassen. Im neuen Stadion, über das am 25. November abgestimmt wird, ist kein Zuschauer weiter als 26 Meter vom Spielfeldrand entfernt.