Bescheidenheit währt am längsten

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boelf
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Bescheidenheit währt am längsten

#1 Beitrag von boelf »

Der argentinische Quartierverein Lanús erstmals Landesmeister

Argentinien steht kopf: Der krasse Aussenseiter Club Atlético Lanús ist neuer Fussballmeister. Weniger als grosse Überraschung denn als nachahmenswertes Beispiel sollte der erste Titelgewinn in der 92-jährigen Vereinsgeschichte von Lanús beachtet und gewertet werden. Eine solide Juniorenförderung, der dienstälteste Trainer der Liga und ein herumgereichter Topskorer namens Pepe machten diesen Erfolg des Quartiervereins in der Agglomeration von Buenos Aires möglich.

Schlechter Start
Im Stile eines erfahrenen Champions trat Lanús zum Meisterschaftsfinale gegen Boca Juniors an und wiederholte das Gesellenstück aus dem Vorjahr. Am 10. Dezember 2006 schlug die Equipe von Trainer Ramón Cabrero an gleicher Stelle die Boca Juniors, begrub die Ambitionen des Gegners und ermöglichte damals den Titelgewinn von Estudiantes de la Plata. Diesmal reichte dem Aussenseiter selber ein 1:1-Unentschieden, weil der Mitkonkurrent Tigre gegen Argentinos Juniors verlor.

In der Euphorie rund um den neuen Meister geht unter, dass der Beginn des Championats alles andere als vielversprechend war. Nach drei Runden hatte Lanús erst einen Punkt auf dem Konto und hatte den letzten Tabellenplatz belegt. Gestützt auf eine solide Defensive, kämpfte sich «El Granate» mit taktisch klugen Leistungen und einer den Quartiervereinen eigenen Gruppendynamik aber an die Spitze, welche bis zum Schluss erfolgreich verteidigt werden konnte. Ein Erfolg, der primär auf solider Arbeit basiert.

Der 1915 gegründete Verein Club Atlético Lanús verzeichnete den Gewinn der Copa Conmebol (1996, Pendant zum Uefa-Cup) als bisher grössten Erfolg. Dies, nachdem der Klub 1977/78 in den Niederungen der Primera C verschwunden und erst 1992 definitiv wieder in die oberste Spielklasse zurückgekehrt war. Der Trainer der Equipe war damals Miguel Russo, jetziger Coach von Boca Juniors. Konsequent wurde auf die Karte Jugendförderung gesetzt, und während dieser Saison stammte nicht selten mehr als die Hälfte der Formation aus der eigenen Juniorenabteilung, wie zum Beispiel Diego Valeri oder Lautaro Acosta; beide gehörten der Equipe des U-20-Weltmeisters an. Allerdings gebührt neben Trainer Cabrero auch einem Auswärtigen grosses Verdienst an diesem Erfolg.

Ramón und Pepe
José «Pepe» Sand, mit 15 Toren hinter Germán Denis (Independiente) zweitbester Torschütze der Liga, lebte bis anhin das harte Los einer Leihgabe. Der 27-jährige Stürmer aus Corrientes debütierte bei Colon in Santa Fé (1999), und bald holte River Plate den technisch starken Stürmer wieder in die eigenen Reihen zurück. Unter Trainer Passarella konnte er sich aber nie durchsetzen, wurde wiederholt an verschiedenste Klubs ausgeliehen und explodierte nun in seiner ersten Spielzeit bei Lanús förmlich. Sein herrliches Kopftor im Meisterschaftsfinale gegen Boca war die Krönung einer Saison, welche ihm den definitiven Durchbruch bescherte.

Nicht auf Sand gebaut, sondern auf die individuellen Vorzüge ausgerichtet hatte Trainer Cabrero das Spielsystem von Lanús. Selber als kleines Kind mit seinen Eltern 1950 aus Spanien ins Quartier im Süden von Buenos Aires zugewandert, durchlief er als Spieler die Juniorenabteilung, wurde in der ersten Mannschaft eine Teamstütze und nimmt nun als Trainer eine tragende Rolle in seinem Klub ein. Er habe alles erreicht, mehr könne er sich nicht wünschen, meinte er im granatfarbenen Freudentaumel der Meisterfeier. Bescheiden und aus dem Holz geschnitzt, aus welchem mit solider Juniorenförderung Träume wahr gemacht werden können.

Primera Division. Schlussrangliste nach 19 Runden: 1. Lanús 38. 2. Tigre 34. 3. Boca Juniors 31. 4. Argentinos Juniors 30. 5. Banfield 29. 6. Independiente 28.

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