SFV: Kampf um die Macht

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Harvey
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SFV: Kampf um die Macht

#1 Beitrag von Harvey »

Im heutigen Tagi findet man einen längeren Artikel zu angestrebten Veränderungen im Schweiz. Fussballverband. Bin gespannt, ob es den Sponsoren und den SL-Clubs gelingt, die Macht von Zloczower, der Dank der Unterstützung der Amateurliga die meiste Stimmkraft hinter sich weiss, zu brechen resp. ihn zu ersetzen. Auf jeden Fall darf nach dem unsäglichen Verhalten der Verbandverantwortlichen in der "Spuckaffäre Frei" nicht, wie es Zloczower im Bericht formuliert hat, einfach zur Tagesordnung übergegangen werden. Es ist Zeit, dass endgültig Profis zum Zug kommen und nicht weiterhin altgediente Funktionäre und Amateure das Sagen haben.

Hier der Bericht:

Tages-Anzeiger vom 29.07.2004

Kampf um die Macht


Die Spuckaffäre um Alex Frei bringt es an den Tag: Hinter den Kulissen wird die Revolution im Schweizer Fussball geplant.

Von Hanspeter Bürgin und Thomas Schifferle

Es ist zwei Wochen her, dass der Schweizerische Fussballverband (SFV) letztmals ein schlechtes Bild abgab. Nach der Anhörung vor der Uefa im Fall Alex Frei verliessen seine Würdenträger süffisant lächelnd wie Ralph Zloczower, schweigend wie Pressechef Pierre Benoit oder grummelnd wie der Nationalmannschaftsdelegierte Ernst Lämmli den Saal. Das passte zu diesem Verband und seiner Strategie der Kommunikation, die ihm seit den Tagen der Europameisterschaft in Portugal diese tiefe Krise erst beschert hat.

Am nächsten Tag sprach die Uefa den Verband vom Verdacht frei, in der Spuckaffäre Frei bewusst gelogen oder sich falsch verhalten zu haben. Zloczower strahlte, fand auch seine Stimme wieder und sagte: «Nun warten wir die Untersuchung von Fässler ab. Und wenn alles geklärt ist, können wir zur Tagesordnung übergehen.»

Ulrich Fässler, ein früherer Luzerner Regierungsrat, arbeitet am Bericht, der die Vorkommnisse von Coimbra und Praia D’El Rey aufarbeiten soll. Dabei geht es gar nicht mehr um Freis Aussetzer am 17. Juni gegen den Engländer Steven Gerrard; diese Schuldfrage hat das Schweizer Fernsehen geklärt, indem es die entlarvenden Bilder ausstrahlte. Fässler soll vielmehr aufzeigen, was alles in den Räumen des herrlichen Mannschaftsquartiers am Atlantik falsch gelaufen ist.

«Brutale Front» gegen Zloczower

Mit Fässlers Schriftstück ist aber auch die Hoffnung verbunden, dass es Aufschlüsse und Lehren für die Zukunft liefert, gerade im Hinblick auf die EM 2008 im eigenen Land. Auf Mitte August wird es erwartet. Aber kann es beweiskräftig enthüllen, was in den Tagen von Portugal wirklich geschah? Macht es aus der Behauptung Freis, der Verband habe von Anfang an vom Spucken gewusst, eine unbestreitbare Tatsache? Zweifel sind erlaubt, weil Zloczower zusammen mit seinen engsten Mitstreitern ebenso wenig Grund hat, von seiner Darstellung abzurücken, wie Alex Frei. Es würde weiter Aussage gegen Aussage stehen.

Aber selbst dann wird es dem Präsidenten nicht so leicht fallen, einfach so zur Tagesordnung überzugehen. Den Kritikern des Verbandes und seiner Führung ist der Fall Frei gerade gelegen gekommen, um ihre Offensive zu starten. Sie haben nichts anderes im Sinn, als Zloczower zu stürzen und neue Strukturen durchzusetzen. «Es geht um Leben und Überleben im Schweizer Fussball», sagt Peter Jauch, Geschäftsführer der Stade de Suisse Wankdorf AG und Schattenpräsident der Young Boys. «Neun von zehn Klubs der Super League schreiben rote Zahlen. Wollen wir so weitermachen?»

Der Kreis der Unzufriedenen ist gross. Eingeweihte reden von einer «brutalen Front», die von Credit Suisse, Swisscom, Swiss Life, dem Schweizer Fernsehen, den Grasshoppers, den Young Boys und dem FC Basel gebildet werde. Und regelmässig werde die Frage gestellt: Wann wird in Bern endlich aufgeräumt?

Die Rolle der Sponsoren

Zloczower sieht keine Veranlassung, freiwillig aus seinem prestigereichen Ehrenamt zu scheiden. Zu sehr freut sich der 70-jährige Berner Fürsprech auf sein grosses Abschlussfest als Zentralpräsident, die EM 2008. Darum wird er im Februar kommenden Jahres an der Delegiertenversammlung des SFV auch zur Wiederwahl antreten. Er ist machtbewusst und kalt berechnend genug, um auch langjährige Mitarbeiter zu opfern, wenn es seiner Sache dienlich ist.

Als Erster in Gefahr ist Pierre Benoit, der Kommunikationsdirektor des Verbandes. Er hat sich eine Machtposition aufgebaut. Manchmal versteht er sich mehr als Teammanager oder Trainerberater denn als Pressechef. Ihm hatte Frei schon am Tag nach dem Spiel gegen England gestanden, Gerrard angespuckt zu haben. Aber Benoit schwieg in falsch verstandener Loyalität zum Spieler und trug so dazu bei, die führenden Funktionäre blosszustellen.

Um Zloczower zu stürzen, braucht es konzertierte Aktionen der Sponsoren und Vertragspartner des Verbandes und der Swiss Football League. «Ich habe ihnen schon gesagt: ‹Wenn ihr nicht zusammensteht, dann seid ihr Amateure›», sagt Jauch. Das Fernsehen zahlt jährlich 9 Millionen Franken für die Übertragungsrechte an der Meisterschaft (SF DRS und Sat 1 zusammen 5 Mio.), an der Nationalmannschaft (3 Mio.) und am Schweizer Cup (1 Mio.). Die Credit Suisse und die Vermarktungsagentur Sportart unterstützen den Verband mit je 1,65 Millionen (wobei die Sportart mit den vier Ko-Sponsoren Swisscom, Swisslos, Swiss Life und Carlsberg sowie acht Partnern zusammenarbeitet). Die Swisscom garantiert dem Verband als Titelsponsor des Cups einen Betrag von 1 Million. Das Energieunternehmen Axpo zahlt als Titelsponsor der Super League 3 Millionen, alles jährlich.

Offizielle Stellungnahmen zu erhalten, ist nicht einfach. Die CS und Adrian Schüpbach, Chef ihres Sportsponsorings, verweigerten trotz mehrfachen Nachfragens «jeden Kommentar». Beim Fernsehen, das bei der Bewältigung der Affäre Frei eine aktive Rolle spielte, ist man froh, auf die Ferienabwesenheit von Sportchef Urs Leutert verweisen zu können. Nur Verena Martignier lässt sich als Sprecherin von Axpo zitieren: «Wir jubeln nicht über das, was läuft. Wir machen kein Geheimnis daraus, dass wir uns in die Gespräche eingeklinkt haben. Aber die laufen im Hintergrund und nicht in der Öffentlichkeit.»

Nach ihrer Ansicht ist vor allem die CS gefragt, um Druck auf den Verband zu machen. So denken auch andere Partner. Dem Vernahmen nach soll die Swisscom die CS schriftlich zu einer aktiven Rolle in der Krisenbewältigung aufgefordert haben.

Kenner der Szene zweifeln daran, dass die Sponsoren geschlossen zusammenstehen, um Zloczowers Entmachtung zu betreiben. Da mögen sie noch so unzufrieden sein, dass ihm und seinen Funktionären während der EM eine Jassrunde im Hotel wichtiger war als ein Geschäftstermin mit Sponsorenvertretern. Noch so ungehalten über den kommunikativen GAU im ganzen Komplex Frei. Noch so zweifelnd, wie sie mit Funktionären umgehen sollen, die trotz aller fehlenden Beweise im Verdacht stehen, in der Spuckaffäre nicht alles gesagt zu haben, was sie wussten.

Solange nicht die Konzernchefs selbst involviert sind, ein Oswald Grübel von der CS, ein Jens Alder von der Swisscom oder ein Rolf Dörig von der Swiss Life, und nur die Marketingverantwortlichen am Verhandlungstisch Platz nehmen, so lange wird der Einfluss der Sponsoren begrenzt sein. Sagen ebenfalls die Kenner, die sich selbst gerne im Hintergrund halten.

«Die Klubs der Super League müssen mit den Geldgebern des Verbandes und der Liga eine Einheit bilden», fordert Jauch, schon fast flehend. «Dann können wir auf breiter Front angreifen.»

Jauch gehört zu den 29 Personen, die sich Ende Januar in Regensdorf während dreier Tage mit der Zukunft des Schweizer Fussballs befassten. Vieles von dem, was sie da erarbeiteten und schliesslich auf 36 Seiten zu Papier brachten, bestimmt heute den Tonfall der Systemkritiker. Für sie ist kein Zufall, dass Zloczower und Benoit ihre Teilnahme als Verbandsvertreter damals absagten. Sie nehmen das als Beispiel für deren fehlendes Interesse, dem Patienten Schweizer Fussball zu helfen.

Grosshöchstetten fast wie der FCB

Für Leute wie Jauch, dem es nicht schwer fällt, auch öffentlich die Rolle des Poltergeistes zu spielen, ist es mit der Absetzung von Zloczower allein nicht getan. Sie fordern auch endlich die Abschaffung des Dreikammernsystems, bestehend aus Swiss Football League, 1. Liga und Amateurliga.

Der Verwaltungsapparat des Schweizer Fussballs ist so schwerfällig wie anachronistisch. Überspitzt gesagt, kann der Berner Fünftligist Grosshöchstetten-Schlosswil noch heute via Delegiertenversammlung Einfluss nehmen auf das, was den grossen FC Basel betrifft. Aber weder 1. Liga noch Amateurliga haben je ein Interesse gezeigt, von ihrer Macht einzubüssen. Zusammen kommen sie auf 73 der insgesamt 101 Delegiertenstimmen, die Profiliga kommt nur auf 28. Zloczowers wichtigster Verbündeter im Kampf um die Machterhaltung ist deshalb Urs Saladin als Präsident der Amateurabteilung. Sie allein hat 47 Stimmen.
Der Profifussball als Konzern

«Mehr Professionalität im Verband» ist eine weitere Forderung der Anti-Zloczower-Front. Die Swiss Football League und die Nationalmannschaften sollen selbstständig und nach dem Vorbild eines Konzerns geführt werden. Ehrenamtlichkeit ist nach diesem Modell nur noch im Verwaltungsrat geduldet, der den Konzern kontrolliert.

In diese Machtübungen eingebunden sind diverse Kräfte. Dabei spielen die verschiedensten Beziehungen, und immer wieder gehen sie auf die CS zurück, die das neue Zürcher Fussballstadion bauen will. Rolf Dörig als ehemaliger Kadermann der Bank und heutiger Chef von Swiss Life ist Zentralpräsident des polysportiven Vereins GC. GC-Fussballpräsident Thomas Gulich leitet die Leasingabteilung der Bank, Urs Wyss, seit letztem Oktober Geschäftsführer auf dem Hardturm, war Schüpbachs Vorgänger als Verantwortlicher des CS-Sportsponsorings.

Im GC-Vorstand sitzt Thomas Helbling, der inzwischen für Dörigs Swiss Life arbeitet und seit Januar im Komitee der Swiss Football League die Interessen von GC vertritt. Helbling war Projektmanager der Kandidatur für die EM 2008. Danach wurde er von Zloczower fallen gelassen, als es darum ging, wer mehr Anteil an diesem Erfolg hat. Helbling ist zu ehrgeizig, um so etwas zu vergessen. Sein Name wird ins Spiel gebracht, wenn es darum geht, wer künftig den Schweizer Profifussball führen soll. Über Helbling könnten die CS und GC direkten Einfluss auf die operative Verbandsführung nehmen.

André Dosé als Mister Euro?

Eine zentrale Rolle spielt ebenfalls der Kommunikationsberater Sacha Wigdorovits. Mit seiner Contract Media AG hatte er den dreitägigen Diskussionsanlass in Regensdorf organisiert. Er ist unter anderem bestens bekannt mit Heinz Karrer, dem Chef des Ligasponsors Axpo. Karrer war sein Vorgesetzter bei Ringier, wo Wigdorovits für kurze Zeit den «Blick» als Chefredaktor führte. Wigdorovits ist überdies der Lebenspartner der Fernsehdirektorin Ingrid Deltenre, die in Portugal entschied, jene Bilder auszustrahlen, die Frei der Lüge überführten. Sie war stolz auf ihren Entscheid, der die Zustimmung der Medien fand und auch Wigdorovits ins Konzept passte.

Im Regensdorfer Papier wird auch ein Botschafter für die Euro 2008 gefordert. Was nun immer ein solcher Botschafter bringen soll, Wigdorovits portiert den abgesetzten Swiss-Chef André Dosé, dessen Buch er gegenwärtig schreibt. Als Vorbild für den «Mister Euro» dient ihm Franz Beckenbauer im Zusammenhang mit der WM 2006 in Deutschland. Ein Vergleich sagt alles über die Güte des Kandidaten aus: Beckenbauer ist eine Grösse des Weltfussballs, Dosé Goalie der Veteranen des FC Baudepartement...

thoemse75
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#2 Beitrag von thoemse75 »

mal gründlich sauber machen kann nirgends schaden.... :!:

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Pyramus
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#3 Beitrag von Pyramus »

thoemse75 hat geschrieben:mal gründlich sauber machen kann nirgends schaden.... :!:
schaden sicher nicht, beim sfv ist es allerdings dringend nötig!
Jürg Meier, NZZ, 30.5.2007 hat geschrieben:Treffen wir einen Gleichgesinnten, fachsimpeln wir im Flüsterton. Fernsehübertragungen von GC-Spielen begehen wir in abgedunktelten Wohnungen, als wären es konspirative Treffen.

cr3ssface
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#4 Beitrag von cr3ssface »

Den Zloczower sollte man lieber ins Altersheim abschieben, kann den einfach nicht ernst nehmen, was die vielen Vereine welche rote Zahlen schreiben im SFV bestätigen. George W. Bush als SFV Präsident wär mir sogar sympathischer als dieser Zlozcower.
"Und so zogen wir in die Nati A und wir werden wieder Schweizer Meister sein!"

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Godfather
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#5 Beitrag von Godfather »

Wer sich Präsidentensuiten leistet und dann 100'000 Fr. für ein Jugendzentrum nicht aufwenden will, muss gehen! Gibt es einen vernünftigen Grund ihn zu behalten? Zloczower raus!

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yoda
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#6 Beitrag von yoda »

Wie immer und überall in Gremien wo Schweizer mittun, ist der Filz nicht weit. Ob SEHV, SFV oder auch in der Wirtschaft. Wenn man nicht immer kräftig auf den Busch klopft, geht das gefilze los.
yoda: Forums- und allgemeine Legende, Ikone, Veteran, ohne Hautfaltencreme

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