Der tiefe Fall des Servette FC

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Godfather
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Der tiefe Fall des Servette FC

#1 Beitrag von Godfather »

Der tiefe Fall des Servette FC

Vom Genfer Liebling zum notorischen Pleitier


Servette Genf wird seinen 115. Geburtstag nicht in der Super League feiern. Über 104 Jahre hatte der Klub der Schweizer Fussballelite angehört. Eine Geschichte, geprägt von sportlichem Erfolg und finanzieller Not, findet ein vorläufiges Ende.

Die letzten Jahre waren für den Servette FC ein steter Kampf gegen den Konkurs gewesen. Die Resultate auf den Fussballfeldern wurden zur Nebensache, in die Schlagzeilen geriet der 17-fache Meister vorwiegend wegen seiner finanziellen Misere. Die Stadt Genf verfolgte den Untergang seines Fussballvereins beinahe emotionslos. Die Mobilisation der Fans blieb bis zuletzt gering. Eine Solidaritätskundgebung kam erst im zweiten Anlauf zustande, der zögerliche Spendenaufruf brachte kaum Geld ein; Wirtschaft und Politik zeigten sich völlig desinteressiert.

Servette hatte sich in den letzten Jahren von seiner Stadt entfremdet. Zuletzt musste der Super-League-Klub in Frankreich, Spanien, Russland oder Katar nach Geldgebern suchen. Lange Zeit, bis in die achtziger Jahre, hatte Servette als Genfer Statussymbol gegolten. Der polysportive Verein zählte unter seinen Mitgliedern einflussreiche lokale Persönlichkeiten, stellte neben einer erfolgreichen Fussballmannschaft auch Basketball-, Tennis-, Handball-, Eishockey- oder Volleyballteams. Er konnte sich der Unterstützung der Stadt, des Kantons und der Romandie sicher sein.

Dem Absturz entkommen

Die lokale Verwurzelung half dem Verein jahrelang, sich aus finanziellen Krisen zu retten. Als der Servette FC 1934 ein erstes Mal die Bilanz deponieren musste, konnte er auf den Support einflussreicher Persönlichkeiten zählen. Unter der Leitung von Gabriel Bonnet, zwischen 1915 und 1927 Servette-Präsident und später Fifa-Vizepräsident, entkam der renommierteste Sportklub der Westschweiz dem finanziellen Absturz.

Nach einer Umstrukturierung und einer sportlichen Durststrecke gewann der Genfer Verein 1940 seinen neunten Meistertitel, ohne eine einzige Niederlage hinnehmen zu müssen. 19 Siege, 3 Unentschieden und ein Torverhältnis von 64:14 in 22 Spielen sind auch in Zeiten einer allgegenwärtigen FC-Basel-Dominanz eine eindrückliche Bilanz. Doch vor allem in den folgenden zwei Jahrzehnten erarbeitete sich der SFC den Ruf, einen technischen und spektakulären Fussball zu spielen. Damals kamen regelmässig über 20'000 Zuschauer in die Charmilles, um «Lulu» Pasteurs Dribblings und Jacky Fattons Tore zu sehen.

Erst gegen Real Madrid gescheitert

Ende der siebziger Jahre verzückte das Mittelfeldtrio Schnyder/Barberis/Andrey die Genfer Fussballliebhaber und garantierte 1979 für die erfolgreichste Saison der Klubgeschichte. Neben dem einzigen Double gewannen die Grenats damals den Ligacup und den Alpencup. Einzig im Meistercup, den sie 1955 mit einer Erstrundenbegegnung gegen den späteren Sieger Real Madrid als erstes Schweizer Team absolviert hatten, mussten sie sich geschlagen geben.

Bis Anfang der neunziger Jahre und der nächsten finanziellen Krise sammelte Servette, ursprünglich als Rugbyklub gegründet, regelmässig Titel und stellte neben den Grasshoppers am meisten Schweizer Internationale. 1991 rettete der französische Milliardär Paul-Annick Weiller mit Investitionen von rund 14 Millionen Franken den Verein vor dem Fall in die Bedeutungslosigkeit. Er war es auch, der 1997 den Kontakt zum Medienunternehmen Canal plus herstellte. Der neue französische Investor wurde den in ihn gesetzten Hoffnungen aber nicht gerecht.

Für einen Franken verscherbelt

Nach dem Rückzug von Canal plus 2002 übernahmen der Franzose Michel Coencas und kurz darauf eine Genfer Investorengruppe die Präsidentschaft. Doch bereits nach wenigen Monaten stand diese mit dem Rücken zur Wand. Die verzweifelte, monatelange Suche nach neuen Geldgebern endete im Februar 2004. Der ehemalige Spieleragent Marc Roger, auch er ein Franzose, erhielt die Aktienmehrheit der mit über vier Millionen Franken verschuldeten Servette AG für den symbolischen Preis von einem Franken.

Der vermeintliche Retter beschleunigte mit seiner nicht nachvollziehbaren Transferpolitik den Zerfall. Sein Ziel von einem Zuschauerschnitt von 15'000 erwies sich als genauso utopisch wie die Ankündigung, um den Meistertitel mitzuspielen. In den letzten Jahren wollten jeweils nur noch wenige Tausend die Spiele der Servettiens sehen. In der Charmilles kamen zuletzt selten mehr als 5000 Fans, und auch nach dem Umzug ins Stade de Genève hielt sich der Publikumszuspruch mit einem Zuschauerdurchschnitt von rund 8500 in Grenzen.

Von unten zurück ans Licht

Heute steht der Servette FC, der sich als einziger Schweizer Verein seit 1900 in der höchsten Liga hatte halten können, vor einem Neuanfang. Die Zeit der grossen Namen ist vorbei. Vorläufig werden keine hochkarätigen Ausländer wie Christian Karembeu, Karl-Heinz Rummenigge oder Sonny Anderson und keine Nationalspieler wie Alex Frei, Patrick Müller oder Johann Lonfat ihre Zelte in Genf aufschlagen. In der 1. Liga muss sich der Verein wieder hocharbeiten, getreu der Devise der Stadt Genf: post tenebras lux, nach der Finsternis das Licht.

Quelle: NZZ

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Godfather
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#2 Beitrag von Godfather »

Servette FC: doppeltes Versagen

Der schwerreiche und verstorbene Elsässer Paul-Annick Weiller gab zwischen 1991 und 1997 ein Vermögen aus, um dem Servette FC den Traum des glitzernden Fussballs zu ermöglichen. Zwischen 1997 und 2002 nährte das Medienunternehmen Canal plus die Illusion weiter. Im Jahr 2004 war die Reihe am Spielervermittler Marc Roger, der, mit dem früheren Real-Madrid-Präsidenten Lorenzo Sanz im Rücken, wiederum Geld einschoss - bis nichts mehr da war.

Jetzt springt in Genf, in der Stadt der Privatbanken und der 20 Dollar-Milliardäre, niemand mehr ein, um die unübersichtlichen Löcher zu stopfen. Mit dem Milliardär Olivier Maus, dem Mitbesitzer der Manor- Gruppe, ging unlängst selbst die graue Eminenz auf Distanz zum Klub. Nach einem unerträglichen Schauspiel mit unbezahlten und streikenden Spielern, «Fast-Geldgebern», zig Anwälten, Lügen, Vorwürfen, Fragen, Drohungen, Dementis, Widersprüchen, mit widerlichen Auftritten und unmöglichen Phantastereien eröffnete der Richter am Freitagmorgen um neun Uhr innert zweier Minuten über den Servette FC den Konkurs. Obschon eine letzte Rekursfrist besteht, ist das Psychodrama zu Ende. Dass ausgerechnet der Finanzplatz Genf scheitert, den Klub mit seiner 115-jährigen Geschichte schrittweise auf einem der Realität angepassteren Niveau zu placieren, ist der eine Teil des Versagens.

Der andere Teil ist die Fehlplanung mit dem Stade de Genève. Die Kosten des 2002 eröffneten und noch nicht fertig gebauten Stadions sind auf 117 Millionen Franken gestiegen, weil es - entgegen der ursprünglichen Absicht - wegen der Uefa-Norm um einen Fünftel auf eine Kapazität von 30 000 Sitzplätzen vergrössert wurde. Das Stadion steht in «La Praille», in einer Gegend des architektonischen Schreckens, wo jetzt noch mehr Einöde einkehrt. Dabei hatte Canal plus das Grossprojekt forciert, weil das Geschäft mit der Unterhaltung lockte. Dass sich das französische Unternehmen aus Genf zurückzog, zeitigt etwas verzögert fatale Folgen - für den Klub wie für die Sportstätte.

Das zu grosse Stadion, zur Mehrheit im Besitz der öffentlichen Hand und eine der gelobten Bühnen der Euro 2008, ist ein Sanierungsfall. Der Unterhalt verschlingt Millionen. Neben dem Servette FC ist auch die ebenfalls von Roger präsidierte Betriebsgesellschaft des Stadions Konkurs gegangen, was den GAU komplettiert. Das Hickhack der Stadion-Player (Behörden, Jelmoli, Credit Suisse, Roger) dauerte an, weil die Verantwortlichkeiten nicht geklärt sind und weil die Stadt und der Kanton Genf auf mehreren Ebenen eine politische Privatfehde führen. Jetzt ist der Verlust des letzten Mieters Fakt. Eines Mieters, der keinen Rappen bezahlte.

Trotz dem Abgang von Canal plus: Es ist unverständlich, dass es mit dem Stadionbau nicht gelang, den schlingernden Verein zu verankern. In der Not wandten sich die Stadionbesitzer Anfang 2004 an Marc Roger. Der Südfranzose hat alles noch verschlimmert - mit unkontrolliertem Aktionismus im Klub und mit seiner Untätigkeit im Stadion. Für Letzteres schiebt er den schwarzen Peter den Stadion-Eigentümern zurück. Der Platz Genf ist mit seinen (Fussball-)Sorgen und Konstruktionsfehlern in der Stadion-Planung ein Fall für sich, sendet aber Warnzeichen aus. Ein neues Stadion ist keine Lebensversicherung. Ende Juli 2005 wird in Bern das Stade de Suisse eröffnet, Neuenburg, St. Gallen und auch Zürich ziehen später nach. Nach dem Eröffnungs-Hype (Stichwort: ausverkauft) ist Nachhaltigkeit gefragt. Die paar Länderspiele, von denen nicht alle zugkräftig sind, können nicht überall gleichzeitig stattfinden. Es gibt auch nur einen Cup-Final und nur wenige Euro-Spiele 2008.

Das Genfer Versagen wird sich anderswo kaum wiederholen. Dennoch hat im beschränkten Schweizer Markt und ausserhalb von Basel noch niemand bewiesen, dass ein neues Heim für den Klub ein Segen ist. Man kann es nicht genug wiederholen: Basel ist und bleibt der Sonderfall schlechthin. Am anderen Ende der Skala bleibt indes nur Leere zurück. Nach dem Konkurs von Lausanne-Sports 2003 verliert die Romandie den nächsten Verein, womit der lateinische Teil auf der Landkarte des Schweizer Spitzenfussballs nur noch durch Neuenburg vertreten ist. Das ist ein exorbitant hoher Preis für die Swiss Football League, die auch mit strengeren Lizenzreglementen von keinem Schrecken verschont bleibt. Die einschneidenden Konsequenzen auf der Fussball- Landkarte sind das übergeordnete Drama des Servette-Kollapses.

bir.

Quelle: NZZ

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Godfather
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#3 Beitrag von Godfather »

Servette Football Club

http://www.grenats.ch/logoEtoile.gif

Gegründet: 1890 (Fussballabteilung 1900)

Schweizer Meisterschaft: (16) 1907, 1918, 1922, 1925, 1926, 1930, 1933, 1934,
1940, 1946, 1950, 1961, 1962, 1979, 1985, 1994, 1999

Schweizer Pokal: (7) 1928, 1949, 1971, 1978, 1979, 1984, 2001

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Grasshopper AG
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#4 Beitrag von Grasshopper AG »

es reicht du penner! sonst gibts was aufs maul.

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Pyramus
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#5 Beitrag von Pyramus »

grasshopper ag: tschüssli......
Jürg Meier, NZZ, 30.5.2007 hat geschrieben:Treffen wir einen Gleichgesinnten, fachsimpeln wir im Flüsterton. Fernsehübertragungen von GC-Spielen begehen wir in abgedunktelten Wohnungen, als wären es konspirative Treffen.

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ensifera
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#6 Beitrag von ensifera »

Grasshopper AG hat geschrieben:es reicht du penner! sonst gibts was aufs maul.
:roll: Schliiifts? Adeee.

Riccifan
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#7 Beitrag von Riccifan »

Wann weiss man konkreteres über die Zukunft von Servette?
Allzu lange Zeit haben die wohl auch nicht mehr.

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Simmel
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#8 Beitrag von Simmel »

Riccifan hat geschrieben:Wann weiss man konkreteres über die Zukunft von Servette?
Allzu lange Zeit haben die wohl auch nicht mehr.
Soweit ich gehört habe, hat Roger seine 53 % Aktienanteile verkauft und für die anderen ca. 30 % oder so stehn sie in Verhandlung. (Montag müssen sie glaub spätestens Rekurs einlegen)
Magic-Kappi hat geschrieben:Auf der einen Seite stehen die Einschätzungen der Scouts von Hoffenheim, Schalke, Wolfsburg, PSG, ein paar englischen Vereinen und dem Doumbia-Fanclub. Demgegenüber tritt das vereinigte Fachwissen von ein paar Forumsspasten an.

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pippo36
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#9 Beitrag von pippo36 »

Dernier délai
14-02-2005

Le délai pour faire appel suite au prononcé de la faillite expire ce soir. Par conséquent, les investisseurs qui ont des accords dans la reprise des actions de MM. Roger et Coencas devraient se présenter au tribunal avec des garanties. A condition biensûr que les joueurs aient tous retournés hier soir le document attestant qu'ils n'entameront pas de poursuites pour obtenir plus d'argent que les salaires en souffrance (ce qui semble avoir été fait par tous ou presque).

quelle: servettefc.ch

bin auf heute abend gespannt... :roll:
In guten wie in schlechten Zeiten - Die Farben der Kurve als Sinnbild für Treue und Stolz
Alex Miamorsch hat geschrieben:User pippo36 hat einmal mehr als einziger den Kopf eingeschalten!

Anerkennung und Dank!

Riccifan
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#10 Beitrag von Riccifan »

ich auch, hoffe es kommt gut.

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