Fussball-Manager im Zwielicht

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MatsGren
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Fussball-Manager im Zwielicht

#1 Beitrag von MatsGren »

Bickel und Fischer haben gelogen
YB will Million von früherem Führungsduo


ZÜRICH – Fredy Bickel und Ex-Präsident Heinz Fischer hatten stets bestritten, in ihrer YB-Zeit bei Spielertransfers mitverdient zu haben. Jetzt beweist ein im Blick veröffentlichtes Dokument das Gegenteil.

Das Schreiben aus dem Jahr 2002 räumte dem Spielerberater Peter Bozzetti ein Vorkaufsrecht auf wechselwillige Spieler der Berner ein – zu einem 20 Prozent unter dem Marktwert liegenden Preis. Gemäss Bozzetti sollen Bickel und Fischer für ihre Unterschriften viel Geld eingesteckt haben. Die Rede ist von 300'000 Franken!
Noch nach ihrem erzwungenen Abgang bei YB am 23. Dezember 2002 hatten die beiden Macher die Vorwürfe strikt zurückgewiesen. «Dieser Entwurf ist nie unterzeichnet worden», hiess es damals.

Auch in der Trennungsvereinbarung zwischen Bickel/Fischer und den Young Boys galt das Papier als «nie unterzeichnet». Doch nun die grosse Wende.

Beno E. Oertig, VR-Präsident der Wankdorf Nationalstadion AG: «Das verändert die Situation. Es liegen neue Fakten vor – und deshalb werden wir nun Rechtsöffnung gegen Bickel und Fischer anstreben und die Betreibung auf die fällige Konventionalstrafe von einer Million Franken fortsetzen.»

Ob die jüngste Entwicklung Einfluss auf Bickels Sportchef-Posten beim FCZ hat, ist offen. Präsident Sven Hotz gilt als letzter Ehrenmann im nationalen Fussballgeschäft und hält viel auf Redlichkeit und Treue. Andererseits hat Bickel auf dem Letzigrund hervorragende Arbeit geleistet.

Quelle: Blick Online



Chaos im XXL-Format

Bayer-Manager Calmund musste gehen, weil er allzu locker mit den Geldern des Leverkusener Fußballclubs jonglierte. Millionen versickerten auf einem Schweizer Nummernkonto.

Das dicke Ende war inszeniert wie ein Rührstück an einer rheinischen Provinzbühne. Die Stimme des Helden stockte, er japste nach Luft, Tränen stiegen in seine Augen. Dann erhob er sich zum letzten großen Monolog. "Ich kann nicht mehr", erklärte Reiner Calmund, XXL-Manager des Fußball-Bundesligaclubs Bayer Leverkusen. "Ich bin nach 27 Jahren Arbeit körperlich und mental nicht mehr in der Lage, die Anforderungen meines Jobs zu 100 Prozent zu erfüllen."

Aus, Vorhang, Applaus: Am 8. Juni um 17.09 Uhr endete überraschend die Ära Calmund bei Bayer - nach fast drei Jahrzehnten, in denen der 150-Kilo-Mann quasi im Alleingang aus einem Pharmawerkclub ein anerkanntes Mitglied im Zirkel der Champions League gemacht hatte.

Glaubhaft war der Abgang aus freien Stücken nicht. Noch eine Woche vor seiner Demission hatte Calmund dem "Tagesspiegel" erklärt, er werde erst "2006, 2007 kürzer treten". Und kaum waren die Tränen des Abschieds getrocknet, verkündete er in "Bild", er werde in vier Monaten "wieder mit Volldampf" und bei einem anderen Club einen neuen Job übernehmen. Sagt das einer, der sich dem Stress der Bundesliga nicht mehr gewachsen fühlt?

Wohl kaum. Nur ein paar Tage vor seinem Rücktritt war er ins "Aquarium" gebeten worden, die Zentrale des Bayer-Konzerns, in der auch Klaus Beck sein Büro hat. Beck ist Vorsitzender des Gesellschafterausschusses der Bayer 04 Leverkusen Fußball GmbH - Calmunds Dienstherr.

Quintessenz der Unterredung: Das Spiel ist aus. Dem Manager war sein exzessives Finanzgebaren zum Verhängnis geworden. "Die Ausgaben hatten ein Maß überschritten, das sportlich nicht mehr zu begründen war", heißt es nun in Leverkusen. Demgegenüber beharrt Calmund darauf, er sei aus freien Stücken gegangen. Nach der nervenaufreibenden Vorsaison und dem Erreichen des dritten Platzes in diesem Jahr sei nun der Zeitpunkt da gewesen, "die verdiente Auszeit zu nehmen".

Gleichwohl: "Das System Calmund hat immer auf Geld beruht, auf viel Geld", sagt ein Bayer-Mann. So gab der Manager nach dem Erreichen des Champions-League-Finales 2002 fast 30 Millionen Euro für neue Spieler aus, darunter fulminante Fehleinkäufe wie den Tschechen Jan Simák. Trotz der Investitionen geriet der Club in der nächsten Saison in Abstiegsnot.

Beinahe legendär in der Branche ist auch Calmunds Neigung, sich mit sechsstelligen Beträgen Optionen auf vermeintliche Talente zu sichern. Kaum einer der durch Vorverträge an Bayer gebundenen Spieler schaffte den Sprung in den Kader, das Investment hat sich nicht gerechnet.

Lange hat das in Leverkusen niemanden ernsthaft erregt: Die Werbewirkung des volksnah agierenden Fußballbosses strahlte aufs Image des als langweilig geltenden Pharmariesen ab. Doch die Zeiten des großen Geldes sind vorbei. Der Chemiekonzern muss sparen. Für die Fußball GmbH heißt das, die Personalausgaben in den nächsten Jahren von 60 Millionen auf 30 Millionen Euro zurückzufahren - eine Aufgabe, deren Bewältigung man Calmund offenbar nicht mehr zutraute.

Auf welch dubiose Art "Calli" bisweilen Millionen versenkte, zeigt ein Transfer, der den Verein zurzeit wieder erregt. Es geht um den Kauf der kroatischen Jungstars Jurica Vranjes und Marko Babic, der zwischenzeitlich Gerichte, Staatsanwälte und Steuerfahnder in Udine, Klagenfurt und Köln beschäftigt hat.

Ende November 1999 reiste Calmund nach Zagreb, um sich dort mit Antun Novalic zu treffen. Mit dem damaligen Präsidenten des NK Osijek wollte er über die Verpflichtung der beiden U-21-Nationalspieler Vranjes und Babic verhandeln.

Calmunds Gegenüber gilt als schillernde Persönlichkeit. Der "Tycoon von Osijek" hatte gute Drähte in die Polit-Clique um Ex-Staatspräsident Tudjman. Novalic war bis 2002 Präsident des Osijeker Fußballclubs und Besitzer einer eigenen Bank.

Die Herren wurden sich einig. Es existiert ein Vertrag vom 24. November, der die Unterschriften von Leverkusens Manager und dem Präsidenten Osijeks trägt. Für zusammen sechs Millionen Mark sollten Vranjes und Babic an den Rhein wechseln. Calmund flog am 27. November dennoch nach Zagreb. Im Hotel Intercontinental traf er sich tags darauf mit Novalic. Beide unterzeichneten einen neuen "Transfer Contract" - diesmal jedoch über die Summe von 13,75 Millionen Mark.

In vier Tagen hatte sich der Marktwert für Mittelfeldspieler Vranjes offenbar vervielfacht: Sollte der kroatische Jungstar laut Kontrakt vom 24. November noch 3,5 Millionen Mark kosten, wurden nun plötzlich 10 Millionen für ihn fällig. Außerdem sollte Leverkusen, ausweislich des Papiers, weitere 450.000 Mark für ein Freundschaftsspiel zwischen den beiden Vereinen an Osijek überweisen.

Es existieren also zwei von beiden Seiten paraphierte Verträge. Der Vertrag vom 24. November wird am 30. November beim kroatischen Fußballverband eingereicht. Dagegen präsentiert Calmund, zurück am Rhein, den Kontrakt über 13,75 Millionen. Seine Begründung: Juventus Turin sei ebenfalls an Vranjes interessiert gewesen - er habe nachlegen müssen. Nach Ansicht Calmunds gilt nur dieser Vertrag, der auch von der Fifa freigegeben worden sei.

Tatsächlich überweist Bayer am 4. Januar 2000 vom Vereinskonto bei der Deutschen Bank in Köln 13,75 Millionen Mark. Doch das Geld fließt nicht etwa auf ein Vereinskonto des NK Osijek. Auf dem Zahlungsbeleg wird stattdessen ein Konto mit der Nummer 0835-872644-12 bei der Credit Suisse in Zürich eingetragen. Die Bankverbindung ist mit dem Zusatz "Dunja" versehen. So heißt Novalics Tochter.

Als Sicherheitsschlüssel für den wirtschaftlich Berechtigten des Nummernkontos ist ein Geburtsdatum hinterlegt - allerdings nicht das von Novalic, sondern: 23. 11. 1948 - das ist Calmunds Geburtstag.

Hatte Novalic dieses Konto auch für Calmund eingerichtet? Oder diente der 13,75-Millionen-Kontrakt dazu, eine schwarze Kasse bei Bayer anzulegen? Der Club schließt das kategorisch aus.

Calmund erklärt, man habe auf das Konto überwiesen, das ihnen von Novalic genannt worden sei. Dass dort als Sicherheitscode sein Geburtsdatum auftaucht, "kann ich mir nicht erklären".

Calmund versichert: "Ich habe mit dem Konto nichts zu tun." Wenn er von seiner derzeitigen USA-Reise zurück sei, wolle er "der Sache mit Nachdruck nachgehen". Der Geldtransfer sei "absolut sauber gelaufen".

Novalic, der seit 15 Monaten in U-Haft sitzt, wollte sich zu dem Thema nicht äußern. Ihm wird vorgeworfen, als Präsident von Osijek zwischen 1996 und 2001 in mehreren Fällen Transfergelder veruntreut zu haben - unter anderem im Zusammenhang mit dem Fall Vranjes.

Wie dem auch sei: Der Vranjes-Deal zeigt, wie locker Calmund jahrelang mit den Bayer-Geldern hantierte. Auch wenn der Manager gern kokettierte, dass es im Bundesliga-Geschäft bisweilen "hart am Rande der Legalität" zugehe: Wer Millionen auf anonyme Nummernkonten überweist, ist von transparentem Geschäftsgebaren so weit entfernt wie Calmund vom Idealgewicht.

Bis heute ist nicht klar, wer alles von den knapp 14 Millionen Mark profitiert hat. Sicher ist nur, dass beim NK Osijek nicht eine Mark angekommen ist. Novalics Nachfolger Tihomir Marsic: "Wir haben aus dem Transfer von Vranjes und Babic keinerlei Zahlungen erhalten." Wo aber ist das Geld dann geblieben? Fakt ist: Am 21. Januar 2000 flossen 10,2 Millionen Mark vom Konto "Dunja" ab. Empfänger: unbekannt.

Allem Anschein nach wurden aus der Tranche auch die Transferbeteiligungen für Vranjes gezahlt. Der Neu-Leverkusener hatte bereits am 14. Dezember 1999 ein Konto bei der Credit Suisse in Zürich eröffnet. Am 14. Februar 2000 gingen 1,7 Millionen Mark auf seinem Konto ein, obwohl laut Vertrag vom 28. November nur 1,4 Millionen vereinbart waren. Die restlichen 300.000 soll, so ein Beteiligter, Calmund draufgelegt haben. Warum? Wofür?

Auch die Frage, wo die restlichen 3,5 Millionen Mark auf dem Konto "Dunja" geblieben sind, das am 13. Juni 2000 saldiert und geschlossen wurde, bleibt offen. Die Staatsanwaltschaft Köln, die im Jahr 2000 ein Ermittlungsverfahren gegen Vranjes und Calmund wegen des Verdachts der Untreue und der Steuerhinterziehung eingeleitet hatte, hat sich für das "Dunja"-Konto nie interessiert und schloss die Akten bald wieder.

Damals hatte eine gewisse Griba Commerz & Consult AG Strafanzeige gegen beide erstattet. Die Firma mit Sitz im österreichischen Velden hatte sich im Frühjahr 1999 für 300.000 Mark eine 20-prozentige Beteiligung an der Transfersumme bei einem Wechsel von Vranjes gesichert, nach dessen Verkauf an Leverkusen die versprochene Summe aber nie erhalten.

Das Verfahren gegen Calmund wurde schnell eingestellt, obwohl den Ermittlern zumindest Millionenüberweisung und Doppelverträge bekannt waren. Vranjes selbst - der nie vernommen wurde - kannte den Vertrag vom 28. November 1999 lange Zeit gar nicht. Er war verdutzt, als er erfuhr, dass allein für ihn zehn Millionen Mark gezahlt worden seien. Und auch die Tatsache, dass ein für 450 000 Mark mitbezahltes Freundschaftsspiel zwischen dem Werkclub und den Kroaten bis heute nicht stattfand, hätte die Ermittler aufhorchen lassen müssen.

Nun könnte Calmund und den Bayer-Verantwortlichen neues Ungemach drohen. Der finanziell schwer angeschlagene NK Osijek hatte sich in den vergangenen Monaten nach eigenen Angaben immer wieder um ein Gespräch mit der Bayer-Führung bemüht. Die Kroaten fühlen sich von Calmund und Novalic über den Tisch gezogen, fordern die bei ihnen nie angekommenen 13,75 Millionen Mark von Bayer - abzüglich der 2,7 Millionen Transferbeteiligung für Vranjes und Babic. Notfalls wollen sie auch deutsche Gerichte bemühen. Für Osijeks Präsidenten Marsic ist der Fall noch lange nicht abgeschlossen: "Wir sind keine Wegelagerer. Wir wollen nur das, was das Papier hergibt und was dem Verein zusteht."

Quelle: Spiegel-Online

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Südkurve
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#2 Beitrag von Südkurve »

Thoes it need a comment?

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yoda
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#3 Beitrag von yoda »

In der heutigen Zeit ist es sowieso schwierig, sich bei einer bietenden Gelegenheit dem Geld zu entsagen. Bickel sah wohl eine Chance sich persönlich zu bereichern. Er tat dies in der Hoffnung, niemand würde es ihm nachweisen können.

Bei Calmund glaube ich eher, dass er im Interesse des Clubs gehandelt hat.
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Wurstverkäufer
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#4 Beitrag von Wurstverkäufer »

@yoda:
ich vermute genau das Gegenteil.
V.a. die Schmutzkampagnie gegen Bickel ist meiner Ansicht nach offensichtlich. Die Darstellung des Blicks wurde ja bereits wieder zurückgenommen, und der Spielervermittler hat die Story des Blicks dementiert, Fakten wurden vertauscht und wild Zusammenhänge konstruiert.
Calmund dagegen scheint mir zumindest aufgrund dieses Berichtes nicht ganz sauber zu sein. Aber who knows...

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ensifera
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#5 Beitrag von ensifera »

Bei Calmund scheint ja wirklich was dran zu sein (also nicht nur an ihm, sonder v.a. an der Geschichte).

Vielleicht müsste man sich überlegen, die Sportchefs, Präsidenten (oder wer auch immer mit den Verhandlungen beauftragt ist) direkt finanziell an den Transfers zu beteiligen. Und zwar beim Kauf und Verkauf. Dadurch würde ein Anreiz geschaffen werden, möglichst billig zu kaufen und möglichst teuer zu verkaufen. Die Sportchefs müssten bei Käufen dann also selbst einen (angemessenen) Beitrag zur Kaufsumme leisten und würden dafür bei Verkäufen ebenfalls einen Teil des Erlös einstreichen dürfen. Ist wohl unmöglich, eine solche persönliche Verflechtung zwischen Management und finanziellen Zustands des Clubs zu kreieren. Aber eigentlich wünschenswert. Kein Rausschmeissen fremder Gelder mehr. Eigentlich ist genau diese nicht vorhandene Verflechtung ja das Übel in manchen Wirtschaftskreisen.

Ok, ich geh jetzt mal nen Kaffe trinken. Hab ich wohl dringend nötig ... :wink:

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MatsGren
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#6 Beitrag von MatsGren »

Ich möchte Alain Geiger nichts unterstellen, doch wenn sein Bruder, der Spielervermittler Nicolas Geiger, in Transfers involviert ist, könnten Interessenkonflikte bestehen.

Zu Nicolas Geiger habe ich in meinem Archiv einen Artikel gefunden, der vor rund zwei Jahren in der NZZ am Sonntag abgedruckt wurde:

NZZ am Sonntag, 21.07.2002, Nr. 19, S. 25


"Suche keinen grossen Blonden"

Der Handel des Spielervermittlers Nicolas Geiger mit Afrikanern.
Von Dario Venutti

Es gehört zum guten Ton unter Vereinspräsidenten und Klubmanagern, über Spielervermittler zu klagen. Sie gelten ihnen als Totengräber des Fussballs, weil sie die Löhne der Spieler in die Höhe treiben. Es gehört ebenso zur Praxis von Vereinspräsidenten und Klubmanagern, eng mit Spielervermittlern zusammenzuarbeiten. Die permanente Nachfrage nach neuen Fussballern in den Vereinen und die Koordination der Transfers erfordern eine Schaltstelle, welche die Geschäftstätigkeit in Bewegung hält. Spielervermittler befriedigen die Nachfrage und halten gleichzeitig als Sündenböcke dafür her, dass die Vereine nicht zur Ruhe kommen.
In der Schweiz konkurrenzierten bisher Max Urscheler, Vinicio Fioranelli, Wolfgang Vöge und John Dario um Marktanteile und Fussballer. Obwohl Nicolas Geiger, der Bruder des Aarau-Trainers Alain, bereits seit 1995 als Spielervermittler arbeitet, hat er sich seine Bedeutung erst in den letzten Monaten erworben. Geiger vermittelte die beiden Senegalesen Camara und Papa Bouba zu Xamax respektive zum GC. Ihr Erfolg nährt die seit Jahren währende Hoffnung, in Afrika ein unerschöpfliches Reservoir an talentierten Fussballern vorzufinden.

Rassistische Annahmen

Nicolas Geiger hat sich von Anfang an auf afrikanische Spieler spezialisiert. Er ist überzeugt, dass sich Schwarze im Fussball auf lange Sicht ebenso durchsetzen werden wie im nordamerikanischen Basketball. "In den fünfziger Jahren spielten fast nur Weisse in der NBA, heute findet man fast ausschliesslich Schwarze", sagt er. Die athletische Überlegenheit der Schwarzen sei naturgegeben, dagegen könne man nichts machen. Als er nach seiner Fussballer-Karriere als Spielervermittler zu arbeiten begann, habe ihm ein französischer Kollege einen "weisen Rat" gegeben: "Suche keinen grossen Blonden." Geiger sieht sich in seiner Grundannahme durch das Beispiel von Papa Bouba bestätigt. Der hünenhafte Mittelfeldspieler war seine Entdeckung. Papa Bouba spielte in Dakar in keinem Klub, bevor er in die Schweiz kam. Dennoch sah Nicolas Geiger in ihm einen talentierten Fussballer, "denn seine Physis bedeutete eine natürliche Selektion in Senegal".
Geigers Projektionen entsprechen einer bei Europäern verbreiteten Sicht von Afrika und dem afrikanischen Fussball. Seit der Kolonialzeit werden Afrikaner als minderwertig betrachtet, einsetzbar in physisch anstrengenden Arbeiten. Diese Optik hat sich nicht grundlegend verändert und zeigt sich nun im Fussball respektive in den Afrikanern zugeschriebenen Fähigkeiten (Geiger: "Papa Bouba hat schnell gelernt, wie ein Deutscher zu denken"). Laut Geiger sind es die Lebensumstände in Afrika, welche die Fussballer besonders qualifizierten: Afrikaner würden sich besser ernähren (sic!), sie würden statt mit dem Auto zu Fuss gehen und schwerere Lasten tragen.
Dass Schnelligkeit und physische Härte trainiert werden können und dass der Erfolg afrikanischer Fussballer in Europa soziale Ursachen hat, wird selten reflektiert. Gerade dafür ist Papa Bouba aber ein gutes Beispiel: Anfänglich war kein Verein in der Schweiz bereit, ihm einen Monatslohn von 3000 Franken zu bezahlen. Papa Bouba nahm in Kauf, morgens mit dem Zug nach Neuenburg zu fahren und mit Xamax zu trainieren, während er im Erstligaverein Vevey spielte. Den fussballerischen und damit sozialen Aufstieg schaffte er also nicht dank plötzlich offensichtlich gewordenen natürlichen Fähigkeiten, sondern dank Geduld und harter Arbeit.

Synergien mit dem Bruder

Nicolas Geiger fliegt etwa zehnmal im Jahr nach Afrika, um nach neuen Fussballern Ausschau zu halten. Er unterhält ein Beziehungsnetz von Funktionären, Trainern und Spähern, die ihn auf dem Laufenden halten. Geiger schweigt sich selbstredend darüber aus, mit wem er alles Kontakt hält. Er gibt aber zu verstehen, dass ihm auch schon Funktionäre und Trainer einen Spieler vermittelt haben. Um sie unter Vertrag zu nehmen, zahlt er Vermittlungsgebühren. Diese Form des Afrikahandels wird von aufgeklärten Europäern mit Korruption und Nepotismus gleichgesetzt. Bekanntermassen sind ähnliche Fälle auch schon in Europa (und in der Schweiz) vorgekommen. Der Unterschied zu Europa besteht vielleicht darin, dass europäische Fussballhändler in Afrika aggressiver vorgehen - und sich dann wundern, wenn sie von Afrikanern über den Tisch gezogen werden, wie dies Geiger und GC erfuhren, als Camara und dessen Onkel nach Sedan flogen, nachdem sie am Tag zuvor mündlich in ein Transfergeschäft mit den Schweizern eingewilligt hatten.
Der Erfolg des Spielerhändlers Geiger gründet in der Kenntnis und Praxis solcher Gepflogenheiten. Als ehemaliger Profifussballer verfügt er zudem über Fachkompetenz, einen Spieler richtig einschätzen zu können. Und als Bruder des Trainers Alain ist ihm zumindest eine Türe offen, um seine Spieler in einem Klub unterzubringen. Auffallend viele von Nicolas vermittelte Afrikaner spielten bei Xamax, solange Alain dort Trainer war. In Aarau ist die Situation nicht anders. Dass sowohl Nicolas und Alain Geiger die Synergieeffekte abstreiten, ändert nichts an den Tatsachen. Der grösste Vorteil gegenüber andern Spielervermittlern liegt für Nicolas Geiger aber in den Löhnen, die für Afrikaner bezahlt werden; sie sind die billigsten Fussballer, billiger noch als Osteuropäer. Weil die Vereine als Abnehmer mit den Spielervermittlern eng zusammenarbeiten, ist der Afrikahandel für alle lukrativ.

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Max-li
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#7 Beitrag von Max-li »

Ist noch interessant, fragt sich nur, ob Geiger mit seiner "Rassenlehre" auch wirklich recht hat, auf jeden fall hat GC nun einen grossen Blonden gekeuft :)
Gewinn anderer wird fast wie Verlust empfunden.

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ensifera
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#8 Beitrag von ensifera »

Max-li hat geschrieben:Ist noch interessant, fragt sich nur, ob Geiger mit seiner "Rassenlehre" auch wirklich recht hat, auf jeden fall hat GC nun einen grossen Blonden gekeuft :)
Ich finde die Rassen-These äusserst gewagt (die Physis allein macht ja noch keinen guten Fussballer). Besonders im Beispiel des Sports in den USA. Gerade dort ist ein wichtiger Grund für den sehr hohen Anteil Schwarzer auf immer noch fehlende Karriere-Alternativen zurückzuführen. Leider ist es immer noch so, dass für viele gesellschaftlich benachteiligte Minderheiten Sport der einzige Ausweg aus dem "Ghetto" ist. In abgeschwächter Form ist das ja auch in der Schweiz so. Man schaue z.B. nur mal, wieviele Secondos in der U19-Nationalmannschaft spielen.
Zuletzt geändert von ensifera am 28.07.04 @ 11:02, insgesamt 1-mal geändert.

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GC4ever
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#9 Beitrag von GC4ever »

ensifera hat geschrieben:Bei Calmund scheint ja wirklich was dran zu sein (also nicht nur an ihm, sonder v.a. an der Geschichte).

Vielleicht müsste man sich überlegen, die Sportchefs, Präsidenten (oder wer auch immer mit den Verhandlungen beauftragt ist) direkt finanziell an den Transfers zu beteiligen. Und zwar beim Kauf und Verkauf. Dadurch würde ein Anreiz geschaffen werden, möglichst billig zu kaufen und möglichst teuer zu verkaufen. Die Sportchefs müssten bei Käufen dann also selbst einen (angemessenen) Beitrag zur Kaufsumme leisten und würden dafür bei Verkäufen ebenfalls einen Teil des Erlös einstreichen dürfen. Ist wohl unmöglich, eine solche persönliche Verflechtung zwischen Management und finanziellen Zustands des Clubs zu kreieren. Aber eigentlich wünschenswert. Kein Rausschmeissen fremder Gelder mehr. Eigentlich ist genau diese nicht vorhandene Verflechtung ja das Übel in manchen Wirtschaftskreisen.

Ok, ich geh jetzt mal nen Kaffe trinken. Hab ich wohl dringend nötig ... :wink:
Interessanter Ansatz. Die persönliche Vernetzung mit dem Schicksal der Firma/Clubs würde wohl tatsächlich den Verantwortungsgrad erhöhen. Fürher versuchte man ja genau dies in Form von Gehaltszahlungen mit Aktien-Optionen zu erreichen. Ich bin generell für stark leistungsabhängige Verträge. Mit Spielern und Managern im Club.

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