Frankreich überzeugte in der Vorrunde trotz zwei Siegen und einem Remis nicht restlos. Der Titelhalter ist im heutigen Viertelfinal gegen die unbeschwerten Griechen zu favorisieren, aber "Les Bleus" scheinen verwundbar.
Jacques Santini wirkte in den letzten Tagen nicht so, wie man es vom Trainer eines Gruppenersten erwarten würde. Der künftige Coach der Tottenham Hotspurs hat offenkundig damit zu ringen, dass ihm die Führungsspieler vor der Partie gegen die Schweiz (3:1) eine Systemänderung mehr als nur nahelegten. Seinem Renommee, das war im Umfeld der Franzosen zu spüren, war die "Nachhilfe" aus den eigenen Reihen nicht zuträglich.
Die Rückkehr zur altbewährten 4-3-1-2-Formation brachte den Franzosen zum Abschluss der Vorrunde wohl den gewünschten Erfolg, von der traumwandlerischen Stilsicherheit ihrer Blütezeit sind sie indes weit entfernt.
Alles ist noch immer auf Zinedine Zidane ausgerichtet. Das Genie im Zentrum und am Ball verhinderte einen folgenschweren Fehltritt gegen England im Alleingang. Und später, gegen Kroatien und die lange hartnäckigen Schweizer, half der Spielmacher seinen Kollegen abermals aus der Klemme.
Potenzial nicht genutzt
Und doch blieb der Eindruck haften, die Franzosen würden ihr sagenhaftes Potenzial im Offensivbereich nicht einmal zur Hälfte nutzen. Thierry Henry etwa, der in der Premier League die Treffer seit Jahren im Überfluss produziert, spielte so lange keine Rolle, bis ihm die entkräfteten Schweizer den erwünschten Raum zur Entfaltung offerierten. In einem Interview wies der Stürmer darauf hin, dass sie bei Arsenal ohne klassischen "meneur de jeu" (Regisseur) zu spielen pflegten und ihm jene taktische Gruppierung vermutlich mehr zusage.
Gar nicht gross äussern mochte sich David Trezeguet. Der neben Henry prominenteste Stürmer des Europameisters ist in ein Formtief geraten. Es würde niemanden sonderlich erstaunen, wenn Santini den verunsicherten Juve-Star ausgerechnet im Viertelfinal nicht mehr für die Startaufstellung berücksichtigen würde. Louis Saha stünde bereit.
Jener Mann, in dem sein ehemaliger Förderer Jean Tigana (Fulham) einen "Thierry Henry der Zukunft" erkannte, besitzt Referenzen. In Manchester setzt die United mehr und mehr auf den 25-Jährigen. Im Nationalteam schoss "Petit Louis" in vier Spielen zwei Tore und bereitete einen Treffer vor.
Sagnol fällt aus
Wie stark der endgültige Ausfall des Aussenverteidigers Willy Sagnol die Abwehr der Franzosen schwächt, bleibt abzuwarten; zumal die Griechen die Franzosen, seit der Vorrundenniederlage vor vier Jahren gegen Holland (2:3) an einer EM-Endrunde ungeschlagen sind, kaum permanent unter Druck setzen dürften.
Ungünstig - vor allem mit Blick auf die bislang schleppende Vorwärtsbewegung - scheint aber schon, dass Santini nach dem verletzungsbedingten Ausscheiden des Bayern-Profis mit Bixente Lizarazu nur noch einen geschulten Seitenverteidiger im Kader hat.
Rehhagels Taktik verinnerlicht
Eines steht schon vor der ersten Ballberührung fest: Die Griechen werden in ihrer Heimat vom heissblütigen Anhang als Helden empfangen - und zwar völlig unabhängig vom Resultat gegen Frankreich.
Der Coup zum Auftakt gegen die Portugiesen, die sich von den Hellenen zweimal buchstäblich auf dem falschen erwischen liessen, hat im fernen Griechenland ein Welle der grenzenlosen Euphorie ausgelöst. "Wir haben hier mehr erreicht, als wir uns erträumten", resümierte Otto Rehhagel schon einmal.
Im Gegensatz zu seinen Landsleuten atmet "Ottokrates" (auch "Rehhakles" genannt) Viertelfinal-Luft - und die tut dem 64-Jährigen gut. Er glaubt, auch wenn der alte Fuchs gegenwärtig alles unternimmt, die eigenen Qualitäten zu relativieren, an den Vorstoss ins Feld der letzten vier.
Schlüssel zum Sieg liegt in der Abwehr
Der Schlüssel zum ersten Sieg gegen Frankreich überhaupt liegt zweifelsfrei in der Abwehr. Das Ziel der unbeschwerten Griechen muss sein, die eigene Defensivzone hermetisch abzuriegeln und den Kontrahenten mit Konterattacken zu gefährden.
An Angelos Charisteas, dem Bremer Reservisten, wird es liegen, die Gegenstösse erfolgreich abzuschliessen. In seinem und vor allem Rehhagels Wortlaut heisst das: "Wir müssen mit der kontrollierten Offensive spielen. Dann haben wir eine Chance."
Die voraussichtlichen Aufstellungen:
Frankreich - Griechenland
José Alvalade, Lissabon. -- 20.45 Uhr. -- SR Frisk (Sd).
Frankreich: 16 Barthez; 5 Gallas/2 Boumsong, 15 Thuram, 13 Silvestre, 3 Lizarazu; 7 Pires, 4 Vieira, 6 Makelele; 10 Zidane; 20 Trezeguet/9 Saha, 12 Henry.
Griechenland: 1 Nikopolidis; 2 Seitaridis, 5 Dellas, 19 Kapsis, 14 Fyssas; 7 Zagorakis, 6 Basinas; 11 Nikolaidis, 21 Katsouranis, 22 Papadopoulos; 9 Charisteas.
Bemerkungen: Frankreich ohne Sagnol (verletzt). Griechenland ohne Vryzas (gesperrt) und Giannakopoulos (verletzt).
MEIN TIP: 3:1 für die Franzosen
Frankreichs Suche nach der Stilsicherheit
Frankreichs Suche nach der Stilsicherheit
1929- HARDTURM I EUSNÄ HERZÄ EUSÄS DIHAI- 2007
....und Griechenland hat tatsächlich gewonnen! Und sicher nicht unverdient! Die Franzosen hatten v.a. in der 2. HZ keinen Plan, keine Überzeugung und nicht die notwendige Klasse, um das Spiel zu drehen.Hurricane hat geschrieben:ich dänke Griecheland günnt
Ich denke, und das nicht erst seit gestern, dass Frankreich seit der WM 98 ziemlich überschätzt wird. Aber das dürfte jetzt wohl langsam vorbei sein.