1angryman hat geschrieben: ↑12.09.20 @ 7:45
Der Tagi bezieht Position. Danke.
Leitartikel zur Volksabstimmung
Zürich braucht ein richtiges Fussballstadion – jetzt oder nie
Profifussball ist in Zürich wichtiger, als viele wahrhaben wollen. Und mehr Wohnungen braucht die Stadt ohnehin. Deshalb verdient das Hardturm-Kombi-Projekt ein Ja.
MEINUNGPascal Unternährer
Vor 1 Stunde
Zwei Hochhäuser, ein Stadion und eine Genossenschaftssiedlung: Der Gestaltungsplan zum Projekt «Ensemble» steht zur Disposition.
Visualisierung: Nightnurse Images, Zürich
Schon wieder über das Stadion abstimmen? Das mögen sich viele fragen, nachdem vor knapp zwei Jahren ein Ja zum Stadion-/Wohnungsprojekt «Ensemble» resultierte. Doch einige der damaligen Abstimmungsverlierer wollten das Volksverdikt von November 2018 nicht hinnehmen und bekämpfen das Vorhaben nochmals. Das ist ihr gutes Recht. Technisch gesehen geht es diesmal um den Gestaltungsplan, nachdem beim letzten Mal die Baurechtsverträge und die Finanzen geklärt wurden.
Das Projekt auf dem Areal des früheren Hardturmstadions ist genauso dasselbe geblieben wie die Argumente dafür und dagegen. Neu dazugekommen ist die Klimafrage. Die Gegner kritisieren, es werde zu viel Land versiegelt, was zu einer weiteren Hitzeinsel im Kreis 5 führe.
Das kann man so sehen. Handkehrum entstehen ein spielfeldgrosser Rasen, begrünte Dächer und weitere Grünräume, und im Umweltverträglichkeitsbericht steht, dass das Mikroklima nur mikromässig leidet. Vor allem aber stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage nach der Alternative. Die Gegner würden am liebsten die Stadionbrache weiterleben lassen oder ein durchgrüntes Quartier mit gemeinnützigen Wohnungen erstellen.
Die Vorstellungen der Stadiongegner sind nicht realistisch.
Das tönt gut, ist aber nicht realistisch. Das Land konnte die Stadt nur kaufen, weil sie der Verkäuferin – der Credit Suisse – zusicherte, dass ein Fussballstadion darauf errichtet wird. Geschieht dies bis 2035 nicht, kann die Bank das wertvolle Land zum Verkaufspreis zurückkaufen. Und die Bank wäre nicht geschäftstüchtig, wenn sie das bestens erschlossene Gebiet nicht gewinnbringend bebauen würde. Es ist mehr als fraglich, ob die Credit Suisse darauf gemeinnützige Wohnungen bauen und ob eine grüne Oase entstehen würde.
So soll der offene Innenhof der neuen Genossenschaftssiedlung mit 174 Wohnungen aussehen.
Visualisierung: Nightnurse Images, Zürich
Das Projekt «Ensemble» sieht neben dem Sportstadion eine Genossenschaftssiedlung mit 174 günstigen Wohnungen vor, deren Mietpreise zwischen 1150 und 1850 Franken für 2,5 bis 6,5 Zimmer liegen sollen. Darüber hinaus besteht ein Deal, dass die Bank der Stadt fünf Gebäude mit 125 Wohnungen verkauft, welche ebenfalls gemeinnützig werden sollen. Dies geschieht, sobald die beiden Wohntürme stehen, welche ebenfalls zum Projekt gehören.
In den beiden 137-Meter-Türmen neben dem Stadion sind weitere 570 Wohnungen geplant, deren Rendite das Stadion finanziert. Diese Wohnungen werden nicht billig, aber auch nicht im Luxussegment angesiedelt sein. Eine 80-Quadratmeter-Wohnung soll rund 2500 Franken im Monat kosten. Auf dem ganzen Areal sind Kindergärten, Restaurants, Gewerberäume, Ateliers und Kleinläden geplant.
Sowohl die gemeinnützigen Wohnungen wie das Stadion und die Wohnhochhäuser werden privat finanziert. Die öffentliche Hand kostet dies vergleichsweise wenig. Die Stadt verlangt von den Investoren einen günstigen Baurechtszins von 1,2 Millionen Franken und verzichtet auf 1,7 Millionen jährlich, weil sie das Stadion vorantreiben will. Diese 1,7 Millionen sind der Preis dafür, dass die Zürcher Bevölkerung und Sportwelt ein Stadion und viele neue Wohnungen erhält. Willkommener Nebeneffekt: Im Letzigrund, den die Profivereine verlassen, entsteht Raum für den Breitensport abseits des Fussballs.
Der Letzigrund ist als weitläufiges Leichtathletikstadion gedacht und gebaut worden.
Entscheidend ist die Fussballarena und was damit zusammenhängt. Das sind Emotionen, aber auch Geld und damit Zukunft für viele Menschen, vor allem Jugendliche.
Zu den Emotionen: Im Letzigrundstadion, das dem FC Zürich und dem Grasshopper-Club als Heimatstätte dient, braucht es sehr viel Publikum, damit Stimmung entsteht. Die Tore sind 39 Meter von der Kurve entfernt, die Rampen flach ansteigend. Der Letzi ist als weitläufiges Leichtathletikstadion gedacht und gebaut worden. Das neue Stadion ist eine echte Fussballarena, mit steilen Rampen für 18’000 Zuschauer gleich neben dem Feld (lesen Sie hier mehr dazu). Will man ein Fussballerlebnis haben, muss man heute nach Basel, Bern, St. Gallen oder Luzern reisen. Das kann es nicht sein für die Sportfans der grössten Schweizer Stadt.
Steile Tribünen, grosse Nähe zum Geschehen: Die neue Arena soll Emotionen wecken und ermöglichen.
Visualisierung: Nightnurse Images, Zürich
Zum Geld: Der FCZ und GC sind im Letzigrund Mieter. Ihnen entgehen Millionen an Marketing- und Cateringeinnahmen, welche die Konkurrenz fix budgetieren kann – zumindest in Nicht-Corona-Zeiten. Heute sind beide Vereine vom Goodwill von Mäzenen abhängig, welche die Defizite decken. Das ist nicht nachhaltig und potenziell gefährlich.
Fällt einer der Grossclubs weg, implodiert ein grosses System, das sehr viel tut für die Förderung und Integration von Jugendlichen und für den Frauenfussball.
Zur Zukunft: Die beiden Grossvereine sind der Anker der Zürcher Fussballwelt. Sie geben nicht nur ein paar Profifussballern Arbeit, sondern sind Anziehungspunkt für Tausende Juniorinnen und Junioren aus der Region. Die Lokalvereine von Bülach über Uster und Dietikon bis Horgen und Rapperswil sind im Nachwuchsbereich mit dem FCZ oder GC liiert. Fällt einer der Grossclubs weg, implodiert ein grosses System, das sehr viel tut für die Förderung und Integration von Jugendlichen und für den Frauenfussball